„Da seine göttliche Kraft uns alles geschenkt hat, was zum Leben und [zum Wandel in] Gottesfurcht dient, durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch [seine] Herrlichkeit und Tugend, durch welche er uns die überaus großen und kostbaren Verheißungen gegeben hat, damit ihr durch dieselben göttlicher Natur teilhaftig werdet, nachdem ihr dem Verderben entflohen seid, das durch die Begierde in der Welt herrscht, so setzt eben deshalb allen Eifer daran und reicht in eurem Glauben die Tugend dar, in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Selbstbeherrschung, in der Selbstbeherrschung aber das standhafte Ausharren, im standhaften Ausharren aber die Gottesfurcht, in der Gottesfurcht aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe.“ (2. Petrus 1,3-7)
Der Apostel Petrus schreibt in seinem zweiten Brief über eine der tiefsten geistlichen Realitäten des christlichen Lebens – eine Wahrheit, die vielen Christen verborgen geblieben ist: dass wir durch die Verheißungen Christi göttlicher Natur teilhaftig werden sollen.
„Da seine göttliche Kraft uns alles geschenkt hat, was zum Leben und zum Wandel in Gottesfurcht dient, durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch seine Herrlichkeit und Tugend“ (2. Petrus 1,3)
Hier geht es nicht um ein symbolisches „frommes Leben“, sondern um eine radikale Verwandlung unserer Natur. Der Mensch, der durch Christus zu Gott kommt, wird nicht bloß besser, er wird neu (2. Kor 5,17). Und genau darin liegt die Kraft des Evangeliums.
Gott hat alles bereits geschenkt
Petrus macht deutlich: Alles, was wir brauchen, um in Gottesfurcht zu leben, ist bereits gegeben – durch die göttliche Kraft. Diese Kraft ist nicht von außen angelernt oder durch eigene Anstrengung erreicht. Sie fließt durch die Erkenntnis Jesu Christi. Wer Christus erkennt – wirklich erkennt – hat Zugang zu einer neuen Quelle des Lebens.
Und aus dieser Quelle erwachsen die „großen und kostbaren Verheißungen“ (V. 4). Es ist nicht einfach nur die Vergebung unserer Sünden, die uns geschenkt ist – es ist die Möglichkeit, Anteil zu haben an Gottes Wesen selbst. Göttlicher Natur teilhaftig zu werden bedeutet: das Denken, Wollen und Handeln Gottes in sich Raum gewinnen zu lassen.
Teilhaber göttlicher Natur – was bedeutet das?
„Teilhaftig werden der göttlichen Natur“ ist kein mystisches Schlagwort – es ist eine klare geistliche Realität: Wer wiedergeboren ist durch das Wort und den Geist, bekommt ein neues Herz (Hesekiel 36,26), eine neue Gesinnung (Römer 12,2), ein neues Ziel.
„Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ (Römer 5,5)
Erst durch diese Liebe, die vom Heiligen Geist ausgegossen wird, ist ein Leben im Geist überhaupt möglich. Wer versucht, christlich zu leben ohne den Geist, wird entweder scheitern – oder in Selbstgerechtigkeit enden. Es ist nicht unsere Anstrengung, die uns verändert. Es ist die Gegenwart Christi in uns, die Frucht trägt.
Der geistliche Wachstumsweg
In den Versen 5–7 zeigt Petrus den Weg dieses geistlichen Wachstums auf. Es ist kein moralisches Stufenprogramm, sondern eine Beschreibung dessen, wie sich die göttliche Natur in einem Menschen entfaltet:
- Glaube: Der Anfangspunkt – Vertrauen in das Werk Christi.
- Tugend: Mut zur Wahrheit und Festigkeit gegen den Zeitgeist.
- Erkenntnis: Wachsen in geistlicher Einsicht durch das Wort.
- Selbstbeherrschung: Sieg über das Fleisch durch den Geist.
- Standhaftigkeit: Treue trotz Anfechtung, getragen von Hoffnung.
- Gottesfurcht: Ehrerbietung gegenüber der Majestät Gottes.
- Bruderliebe: Echte Zuneigung zu den Gläubigen.
- Liebe: Die göttliche Agape-Liebe – alles umschließend.
Diese Eigenschaften wachsen nicht „automatisch“, aber sie sind Ausdruck der göttlichen Natur in uns – so wie ein Apfelbaum Äpfel trägt, wenn er gesund ist.
Verwandlung statt Verhaltenstraining
Viele Christen leben unter dem Druck, sich „besser zu verhalten“. Sie kämpfen gegen ihre Gewohnheiten, gegen Lust, Zorn, Trägheit, Gier – und verlieren immer wieder. Warum? Weil sie versuchen, aus eigener Kraft zu leben. Dabei hat Gott doch versprochen, dass wir dem Verderben der Welt entfliehen, nicht es kontrollieren lernen (V. 4).
Der Weg des Sieges beginnt dort, wo wir nicht mehr aus uns, sondern aus Christus leben. Wer täglich in der Gemeinschaft mit dem Herrn lebt, wer seinen Geist nicht dämpft, sondern Raum gibt, wird erleben, wie alte Laster abfallen – nicht aus Pflicht, sondern aus innerer Verwandlung.
Die Verheißung ist das Öl für unsere Lampe
Jesus sprach im Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Matthäus 25) von denen, die „kein Öl“ bei sich hatten. Sie hatten zwar Lampen, aber nicht das, was sie brennen lässt.
Das Öl ist ein Bild für den Heiligen Geist. Und dieser Geist wohnt nicht passiv in uns – er will täglich neu in uns wirken. Wenn wir die Gemeinschaft mit Christus vernachlässigen, wird das Öl knapp. Dann wird unsere Liebe kalt, unsere Ausdauer schwach, unser Blick weltlich.
„Bleibt in mir, und ich in euch.“ (Johannes 15,4)
Bleiben ist nicht einmalige Entscheidung – es ist tägliche Erneuerung. Wenn wir nicht täglich im Wort, im Gebet, in der Gemeinschaft mit dem Herrn bleiben, laufen wir Gefahr, „irre zu gehen“ – nicht im Sinn von doktrinellem Irrtum allein, sondern im Sinne eines geistlich ausgezehrten Lebens.
Fazit: Christus in euch – die Hoffnung der Herrlichkeit
Der christliche Wandel beginnt nicht bei uns, sondern bei Gott. Er hat uns alles geschenkt – durch Christus. Unsere Aufgabe ist es, in dieser Kraft zu wandeln, sie nicht zu vernachlässigen, sondern allen Eifer daran zu setzen, wie Petrus sagt (V. 5).
„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ (Galater 2,20)
Das ist kein Spruch für die Wand – das ist das Ziel eines jeden echten Christen. Wenn Christus in uns Gestalt gewinnt, dann wird unser Leben zu einem Zeugnis der Kraft Gottes.
Lasst uns streben…
…nach dieser Teilhabe an göttlicher Natur. Nicht aus Pflicht, sondern aus Sehnsucht. Nicht aus Angst, sondern aus Liebe. Das Geschenk liegt bereit – wir müssen es ergreifen. Täglich. Im Gebet, im Wort, im Hören auf seinen Geist. Damit das Öl nicht ausgeht. Damit wir nicht wie die Welt leben, sondern wie Kinder des Höchsten wandeln – in Reinheit, Wahrheit und Kraft.