Die Anmaßung der Wunderprüfung: Wenn Menschen Gottes Eingreifen bewerten

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Am 13. November 2025 veröffentlichte katholisch.de einen Artikel, in dem Kardinal Fernández die neuen Richtlinien zur Prüfung von Wundern erläutert. Die katholische Kirche verschärft darin die Regeln, nach denen angebliche Wunder auf Echtheit geprüft werden. Ziel sei es, Missbrauch und Sensationsgier zu verhindern. Doch die grundlegende Frage bleibt: Wer entscheidet eigentlich, was ein Wunder ist – und mit welcher Autorität?

Was ist ein Wunder?

Ein Wunder ist per Definition eine übernatürliche Handlung Gottes. Es entzieht sich menschlicher Logik und Erklärung. Oder, wenn es rational erklärbar erscheint, ist die Kette der Umstände so unwahrscheinlich und präzise orchestriert, dass klar wird: Hier wirkt Gott zu seinem Zweck.

„Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ (Lukas 1,37)

Ein Wunder ist also keine religiöse Lichtgestalt, kein ekstatischer Zustand, keine Marienerscheinung. Solche Phänomene führen in den Personenkult – nicht zur Offenbarung Gottes. Wahre Wunder sind Zeichen, die auf den lebendigen Gott hinweisen, nicht auf Heilige, Reliquien oder dogmatische Systeme.

Der Katholizismus als Wundermaschine

Die katholische Kirche hat über Jahrhunderte hinweg eine regelrechte Wunderindustrie aufgebaut. Marienerscheinungen in Lourdes oder Fatima, Bluttränen, Hostienverwandlungen – alles unterliegt kirchlicher Prüfung, Genehmigung und letztlich: kirchlichem Marketing. Ohne diese Kultivierung hätte das sogenannte Wunderhaschen niemals solche Ausmaße erreicht. Wer das Phänomen anheizt, muss sich nicht wundern, wenn es außer Kontrolle gerät.

Wo wahre Wunder geschehen – und keiner klatscht

Wahre Wunder brauchen keine kirchliche Approbation. Sie passieren – und sie verändern die Weltgeschichte im Stillen. So etwa bei der Reformation.

  • Luthers Standhaftigkeit vor dem Reichstag von Worms – ein einzelner Mann gegen die geballte Macht von Kaiser und Kirche.
  • Sein unermüdlicher Eifer, die Bibel ins Deutsche zu übersetzen – gegen alle Widerstände.
  • Die gleichzeitige Entwicklung des Buchdrucks – ohne den sich die reformatorische Botschaft nie so schnell verbreitet hätte.
  • Die Eroberung Konstantinopels durch die Türken – die dazu führte, dass griechische Texte und Quellen nach Mitteleuropa gelangten, inklusive der Werke von Erasmus von Rotterdam, die wiederum Luther maßgeblich beeinflussten.
  • Die politischen Umstände in Europa – mit Kriegen gegen Frankreich und das Osmanische Reich, die Kaiser Karl V. von einer entschlossenen Verfolgung der Reformation abhielten.

Das Zusammenspiel all dieser Faktoren ist ein Wunder göttlicher Vorsehung. Keine Erscheinung, kein Lichtphänomen – sondern Geschichte, gelenkt vom Geist Gottes.

Wunder im Dienst der Wahrheit – nicht der Religion

„So spricht der Herr: Verflucht ist der Mann, der auf Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht, und dessen Herz vom Herrn weicht!“ (Jeremia 17,5)

Ein Wunder ist kein Werkzeug für religiöse Machterhaltung. Es ist eine Demonstration der Wahrheit. Wenn eine Institution wie der Vatikan sich anmaßt, Wunder zu „prüfen“ und nach bürokratischen Kriterien zu genehmigen, dann entlarvt sie sich selbst als Richter über Gottes Wirken. Dabei hat die Bibel eine andere Perspektive:

„Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.“ (Johannes 3,8)

Gottes Geist ist nicht administrierbar. Weder durch Dekrete noch durch Kommissionen.

Fazit

Die neuen Wunderprüfregeln des Vatikans sind der Versuch, Kontrolle über das zu gewinnen, was sich dem menschlichen Zugriff entzieht. Sie sind Ausdruck eines Systems, das längst den Blick für das echte Wirken Gottes verloren hat. Die wahren Wunder geschehen oft unscheinbar – aber mit gewaltiger Wirkung. Sie brauchen keine Heiligsprechung. Sie brauchen nur offene Augen.

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